Auf dem Bild: Charlotte Weihl aus der Pfalz ist die 76. Deutsche Weinkönigin. Ihr zur Seite stehen die Deutschen Weinprinzessinnen Katharina Gräff von der Nahe und Julia Lambrich vom Mittelrhein. Quelle: www.deutscheweinkoenigin.de

Winzerinnen und Weinhoheiten

Noch vor 20 Jahren war der Beruf des Winzers eine Männerdomäne – ähnlich wie der Fußball. Ging es Euch nicht auch so, dass Ihr Euch unter einem Winzer einen wettergegerbten Landwirt mit verkrusteten Gummistiefeln vorgestellt habt? Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Frauen, die als Kellermeisterinnen und Winzerinnen arbeiten.


In der international hochangesehenen Kaderschmiede Geisenheim studieren zurzeit mehr Frauen als Männer Weinbau und Önologie! Es hat sich absolut gewandelt. Während die ersten Kellermeisterinnen noch eher burschikos wirkten, staunt man jetzt über die jungen fröhlichen Mädels, die mit einer Selbstverständlichkeit Traktor fahren oder sich dem Ausbau der Weine annehmen.


Die Vorzeigefrau par excellence ist für mich Cathrin Bihlmayer aus Löwenstein. Als älteste von vier Töchtern hat sie das elterliche Weingut übernommen und kümmert sich mit ihrem Mann Bernd um den Ausbau der Weine. Schwester Amelie betreut als gelernte Eventmanagerin die zahlreichen Veranstaltungen und den Weinverkauf.
Im Badischen gibt es die von mir hochgeschätzte Franziska Schätzle vom Weingut Schätzle in Schelingen. Die ebenfalls diplomierte Önologin war zum Studium und Sammeln praktischer Erfahrungen im Burgund, in Spanien und Neuseeland unterwegs. Anschließend errang sie als erste Dame den Titel „Jungwinzer des Jahres“. Sie hat sehr klare Vorstellungen von ihren Weinen und gehört für mich zu den ganz großen Künstlern!


Eine häufig gestellte Frage lautet, ob Wein von Frauen anders schmeckt. Ich würde mir nicht zutrauen, bei einer Blindverkostung zu sagen: Dieser Wein stammt von einer Kellermeisterin oder einem Kellermeister. Aber mein Eindruck ist, dass Weine, die von Frauen gemacht wurden, oft eleganter, schlanker und finessenreicher ausfallen. Auch die Etiketten sind meist verspielter gestaltet.


Gerade muss ich etwas schmunzeln: Habt ihr mitbekommen, dass es in Baden 2018 eine transgender Weinprinzessin gab? Aus dem Winzer Simon Maier wurde die Winzerin Simona Maier. Ihr Motto lautet: „Für alle, die es bunt lieben.“ Entsprechend sind auch ihre Etiketten gestaltet, der Secco Rosé beispielsweise heißt „Rosa Liebe“ – ein aufreizendes Pin-up-Girl mit großer Ähnlichkeit zu Simona ziert das Etikett –, und das Etikett „Bunte Liebe“ enthält ebenso viel Rosa und ein Einhorn.


Weinköniginnen – hübsche Dinger?


Bitte so etwas niemals verlauten lassen! Natürlich habe ich noch keine unansehnlichen Weinhoheiten kennengelernt, aber die Fähigkeiten und Qualitäten liegen wirklich ganz woanders. Viele der jungen Frauen studieren Önologie oder andere Fachrichtungen. Sie müssen Fremdsprachen beherrschen, Kompetenz ausstrahlen und natürlich gut aus dem Stegreif sprechen können. Es sind bisher junge Frauen, die dynamisch und selbstbewusst auftreten. Ganz aktuell wurde mit Levin McKenzie im größten Weinbaugebiet Deutschlands Rheinhessen als Weinkönig gewählt!


Die Wahl zur Deutschen Weinkönigin wird in jedem Jahr im Fernsehen übertragen. Es ist phänomenal, was für tolle Frauen sich dem Wettbewerb stellen. Im nächsten Jahr wird hier dann auch Levin Mckenzie dabei sein. Intern – unter den Weinfachleuten – diskutieren wir schon länger, ob eine „Weinkönigin“ noch zeitgemäß ist. Der eine oder andere denkt vielleicht an Fasching oder nur an das Krönchen. Wir aber sehen sie eher als „Repräsentantin für den Deutschen Wein“! Die Pfalz hatte in diesem Jahr darauf reagiert und wollte die Weinkönigin in „Weinbotschafterin“ umbenennen. Nach vielen hitzigen Diskussionen sind sie zur „Weinkönigin“ zurückgerudert.

 

Auf dem Bild: Charlotte Weihl aus der Pfalz ist die 76. Deutsche Weinkönigin. Ihr zur Seite stehen die Deutschen Weinprinzessinnen Katharina Gräff von der Nahe und Julia Lambrich vom Mittelrhein. Quelle: www.deutscheweinkoenigin.de